Die Frage, ob man mit Nazis bzw. mit Querdenkern und anderen Faschisten reden soll oder ihnen eine Bühne im Rahmen unserer demokratischen Verfassung geben soll, ist so alt wie der Antifaschismus selbst. Insbesondere von Menschen der sogenannten Mitte wird gerne das Hufeisen geschwungen – häufig mit dem Hinweis, dass alle Menschen grundsätzlich ein gutes Herz hätten und viele nur vom Weg abgekommen seien.

Die Beantwortung der Frage sollten wir etwas sachlicher angehen, vorab mag sich jeder etwas mit der aktuellen Situation vertraut machen:

Faschisten wissen in der Regel, was sie tun und was sie wollen. Im Rahmen ihres elitären Denkens wollen Sie ihre nationalistisch rassistische Gesellschaft etablieren, die mit unserem demokratischen Verständnis im Sinne einer pluralistischen Gemeinschaft, die Gleichberechtigung und Individualität garantieren möchte, nicht vereinbar ist. Es ist also völlig sinnlos, zu versuchen, ihnen diese Werte in der Diskussion nahe zu bringen. Sie kennen sie – sie lehnen sie ab.

Nun ist die laute Artikulation dieses Vorhabens, den Faschismus zu etablieren und demokratische Strukturen zu zerstören, spätestens Ende der 1940er Jahre in Deutschland nicht mehr en vogue. Das heißt aber nicht, dass der Faschismus plötzlich durch den beendeten Krieg oder wie durch ein Wunder verschwunden ist. Er wurde zunächst eben nur nicht mehr lauthals artikuliert. Man erkennt den Faschisten in der Regel nicht mehr an das Fürsprechen für ein neues „Vernichtungslager“ oder am braunen Hemd. Sie mussten vorsichtiger werden, sie bedienen sich anderer Mittel:

Faschisten relativieren („auf der ganzen Welt wurden und werden Menschen verfolgt und getötet“), verdrehen („die ANTIFA sind die wahren Faschisten“), interpretieren populistisch („Asylanten nehmen uns die Arbeitsplätze weg“), zermürben durch gebetsmühlenartiges Wiederholen und Drohungen und sie lügen, um ihre längst widerlegten Theorien zu verbreiten. Sie verschieben unter Beibehaltung ihrer Ideologien der Nazi-Zeit stetig die Grenze des Machbaren und Sagbaren und berufen sich dabei auf die Meinungsfreiheit des Grundgesetzes, welches sie ja eigentlich abschaffen wollen. Dabei verschweigen sie wissentlich, dass Meinungsfreiheit nicht Hassrede und Hetze abdeckt. Meinungsfreiheit endet da, wo die Persönlichkeitsrechte der Mitmenschen beginnen. So kann man zwar der Meinung sein, dass das Regierungsmitglied xy eine schlechte Politik macht. Die Aufforderung nach seiner Exekution ist jedoch nicht durch die Meinungsfreiheit abgedeckt. Und Meinungsfreiheit beinhaltet auch nicht, dass man das Recht hat, diese ständig unwidersprochen kundzutun, dass einem dafür jegliche Bühnen nach seiner Wahl zur Verfügung stünden. Ein Widerspruch gehört nämlich zur Meinungsfreiheit des Gegenübers. Die Äußerung des Widerspruchs schränkt die Meinungsfreiheit des Meinungsinhabers nicht unzulässig ein.

Wir müssen dabei immer im Hinterkopf behalten: das Ziel des Faschisten ist per definitionem nicht die Meinungsfreiheit. Er nutzt sie nur so lange, bis er die Gelegenheit hat, diese abzuschaffen.

Es ist also praktisch zwecklos und nicht zielführend, mit einem Faschisten zu diskutieren. Entweder sie sind rhetorisch überlegen, dann beschränken sie die Meinungsfreiheit des Gegenübers, indem sie den politischen Gegner mundtot machen und Anschuldigungen verdrehen. Oder – wenn sie ihm nicht gewachsen sind – versuchen sie durch Lügen und Androhung von Gewalt die Einschüchterung.

Sicherlich eine wohlgemeinte, idealistische Absicht: einen Nazi in einer Diskussion zu überzeugen und zur Einsicht zu bewegen. Das funktioniert nicht. Der Prozess des Umdenkens, des Aussteigens erfordert eine langjährige Betreuung unter Veränderung des Umfeldes und intensive Selbstreflexion.

Unter´m Strich kommt also bei einer Diskussion mit einem bestenfalls heraus, dass man für die Stärkung seines Egos („man hat es wenigstens versucht“) dem Gegenüber und ggfls. dem gesamten teilnehmenden Umfeld das Gefühl gegeben hat, das faschistische Ideologien ethisch diskussionswürdig sind. Im ungünstigeren Fall erkennt man, dass die körperliche Unversehrtheit politischer Gegner auf der Skala der Nazi-Ziele immer noch nicht im oberen Bereich angesiedelt ist.